„Wurscht- und Käseblättl oder Tagebuch“ lautet der erste Eintrag im Tagebuch von Elfriede L. , das sie im Frühjahr 1931 in Mailand zu führen beginnt. Die Tochter einer sächsischen Kaufmannsfamilie mit Zweitwohnsitz in Dresden besucht eine deutsche Schule. In den ersten Tagebüchern stehen Familie, Schule, Freundschaften und Flirts im Mittelpunkt ihrer Einträge. Neugierig und interessiert am Weltgeschehen schreibt sie im Jahr der Machtergreifung 1933 aus Dresden: „Alles grüßt mit ‚So hoch liegt der Dreck‘. “ Nach dem Abitur besucht sie ein Pensionat in der Schweiz, das sie nach einem Jahr wehmütig verlässt, um in Dresden mit dem Studium der Neuphilologie zu beginnen. Während der Internatszeit, über die sie eine ausführliche Erinnerungserzählung verfasst (Anlage), verliebt sie sich in eine ihrer Lehrerinnen. Diese Schwärmerei entwickelt sich zu einer innigen Freundschaft und begleitet sie während der ersten Studienjahre. Mit Beginn der Studienzeit begeistert sie sich für den Nationalsozialismus und engagiert sich in der Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen (ANST). Mehrere Studienortwechsel, das Studentenleben und das erste Staatsexamen 1938 füllen neben Beziehungskrisen die weiteren Tagebücher. 1939 erhält sie eine Stelle als Referendarin in Schwäbisch Hall, wo sie ihrem zukünftigen Mann begegnet, den sie 1940 heiratet. Diese Tagebücher sind ein Zeitdokument, das die Sozialisation einer jungen Frau aus bürgerlichen Kreisen beschreibt, ebenso wie die politischen Geschehnisse und die damit verbundenen persönlichen Umbrüche. Zum Jahreswechsel 1945/46 – dies ist einer der letzten Einträge – schreibt die evangelische Christin: „Die Schuld drückt uns wohl die Schuld an all dem Furchtbaren und Grauenhaften, das in unseres Volkes Namen an Millionen von Menschen begangen wurde. Aber auch diese Schuld dürfen wir vor Jesu Füße legen und seiner Vergebung gewiß sein. “ In der Anlage befinden sich das Familienstammbuch, die in Leinen gebundenen „Erinnerungen aus der Pensionszeit“ und die handgeschriebenen Erinnerungen (2004- 2010) der zum Zeitpunkt der Niederschrift 89jährigen Elfriede L.